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allewyl allergattigs
Urtheil des Criminalgerichts des Kantons Basel
vom 20. Hornung 1830.

In Sachen

Philipp Heinrich Schmalzhaff, von Meiensheim, Oberamts Brackenheim im Königreich Würtemberg, 42 Jahre alt, Handelsmann, verheurathet mit der Mutter des wegen Opferdiebstahls in hiesiger Strafanstalt befindlichen Meinrad Dörring, dem Criminalgericht wegen Opferstockdiebstahl überwiesen,

hat sich aus den Untersuchungen ergeben dass Schmalzhaff, welcher angeblich nach dem Verkauf aller bei sich geführten Waaren in der Schweiz auf der Rückreise hierher kam, am 6. Hornung Abends sich zu Zeit des Gottesdienstes in die St.Leonhardskirche und die Kapelle derselben begab, und nach Entfernung aller Kichenleute mit Fischbeinen und Vogelleim die Opferstöcke durch deren Mündung bestahl, und dass ungefähr achzig Franken klebriges Geld, sich theils in Schmalzhaffs Taschen, teils in der Nähe befand, als bei einbrechender Nacht derselbe durch den zufällig noch zum Anschlagen verfertigter Arbeit hinkommenden Schlosser entdeckt und durch die herbeigerufenen Siegrist und Thurmwart verhaftet worden.

Obschon nun Hände und Taschen des Schmalzhaffs, so wie auch die Fischbeine, welche er als sein Eigenthum anerkannte, und das auf ihm gefundene Geld klebrig waren, und ihm auch vorgehalten wurde, dass ein Vorrath von Vogelleim in seiner Nähe in der Kirche und auch im Zimmer des Thurmwarts wo er sich kurze Zeit aufgehalten, sich in einer Blase am Boden vorgefunden, läugnete Schmalzhaff dennoch beharrlich das ihm vorgehaltene Verbrechen und behauptete aus Neugier in die Kirche und dann zum Schutz vor der grossen Kälte in der Trunkenheit sich in die Kapelle begeben zu haben und dort eingeschlafen zu sein.

Nachdem nun Schmalzhaff um seine Vertheidigung angefragt, auf dieselbe verzichtet und die Akten vollständig erklärt worden, ward nach Anhörung der Schlüsse des Hrn. Fiskals und gepflogener Berathung, in Anwendung des § 135 und § 26 so wie auch § 229, 231 des Criminalgesetzes

Erkannt:

"Wird Philipp Heinrich Schmalzhaff zur Ausstellung an den Pranger, zu zweijähriger Zuchthausstrafe und Bezahlung der Prozesskosten verurtheilt.

Im Namen des Criminalgerichts:

Der Präsident, Nikl. Bernoulli J.U.L.
Best, J.U.C. Gerichtschreiber


Aus dem Kantonsblatt 1830, erste Abteilung, achtes Stück, Seiten 154/156

Fiskal = Staatsanwalt.

Fischbein war bei Opferstockdiebstählen damals ein klassisches Tatwerkzeug. Es wurde hergestellt aus Walfischbarten die aus Horn bestanden, was die daraus gefertigten Produkte, so etwa auch Korsettstäbe oder Reitpeitschen, gleichermassen steif wie auch biegbar machte. Mit einer beigsamen und mit Leim bestrichenen Fischbeinrute liess es sich trefflich durch die Einwurfschlitze in Opferstöcken nach Münzen stochern.

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